Individuum

Zitat aus Siebel/Winkler: Noosomatik Bd. I, 2. Aufl. S. 50 f:

1.3.2.1. Das Individuum als ungeteilte Einheit von Leib, Seele und Geist und dem sie gestaltenden Sinnzusammenhang hat vom innersten, vom theoretisch als "Kern" bezeichneten Zentrum her, die Tendenz zur Raumgestaltung. Es hat die Möglichkeit - mit Hilfe seiner "Organe" Leib, Seele und Geist -, sich gegenüber Widerfahrnissen von "leben" zu öffnen, Sinn in seiner Existenz zu erkennen und im Hinblick darauf zielorientiert die Herausforderungen der Widerfahrnisse von "leben" anzunehmen. Zu dieser Lebensbewältigung gehört auch die Fähigkeit zu überleben, die jedoch eingeschränkt sein bzw. werden kann.

Die Herausforderungen des "lebens" können in Bereiche eingeteilt werden; ich nenne sie "die Aktionsfelder" (siehe Siebel: Umgang 5. und GuM 2. Auflage)

1.3.2.2. Der Geist ist der Ort aller intelligenten und rationalen Denkprozesse.

Als Organ des Kerns obliegt dem Geist die Aufgabe - mit Hilfe der Intelligenz und der Ratio -, Entscheidungen des Leibes und der Seele aktuell zu ordnen und zu formulieren und die Einsicht in die inneren und äußeren Zusammenhänge der eigenen Existenz zu gewinnen. Durch die Formulierung wird Zeit bewusst erlebbar, da sie gegenwartsorientiert gefüllt wird.

Zur kritischen Funktion des Geistes gehört die Benennung von Tatbeständen und Sachverhalten und die Anwendung ihrer Zugehörigkeiten im Denken.

Der Geist sichert bewusste und zugelassene Wissensinhalte; er sorgt damit für die Stabilität des Systems und für die Qualifizierung möglicher Erweiterung des Bewusstseins; d.h. er kann das Umsetzen neuer Erfahrungen und zusätzlicher Informationen in Erkenntnis blockieren ("angstvoll verwerfen").

Der Geist ist auch ohne Sprachmöglichkeit aktiv; er ist jedoch nicht ohne Einwirkung von außen in der Lage, dem Menschen eine eigene Neuerung zu bewirken (siehe Gehirnphysiologie: Frontalhirn mit den zugehörigen Assoziationszentren und die Großhirnrinde). Er kann nur darstellen, nicht herstellen; d.h. Menschen können nicht kreativ sein, sondern lediglich zur Darstellung bringen, was bereits da ist (das Entdeckte ist vor der Entdeckung da, oder ganz banal: es kann aus dem Gehirn nur herauskommen, was auch drin ist).

1.3.2.3. Die Seele ist einerseits das Reservoir aller gefühligen Wahrnehmungen, andererseits der unterbewusste Ort ihrer Verarbeitung.

Als Organ des Kerns obliegt der Seele die Aufgabe - mit Hilfe von Gefühl und Relationspotenz -, den Raum zu strukturieren und die Zeit, die wir erleiden, umzuwandeln in erlebte Zeit.

Die kritische Funktion der Seele ist die Erfühlung der Relation zwischen drinnen und draußen, dass Menschen drinnen abbilden können, was draußen ist. Zur Seele gehören also nur jene genuinen Gefühle, die Positionen wirklich beschreibend zur Wahrnehmung bringen (gehirnphysiologische Korrelate: Hippocampus und Gyrus parahippocampalis).

1.3.2.4. Der Leib ist der materielle Ausdruck des Menschen.

Als Organ des Kerns obliegt dem Leib die Aufgabe - mit Hilfe der motorischen und sensiblen Funktionen -, seelische und geistige Prozesse auszudrücken, Personen und Objekte seiner Umgebung zu erfassen und den materiellen Prozeß des Werdens und Vergehens individuell zu rhythmisieren und zu steuern (zuzulassen).

Die kritische Funktion des Leibes ist die Trennung zwischen drinnen und draußen (siehe Haut).

1.3.2.5. Menschen sind in ihrer individuellen Existenz einzigartig, unteilbar und unverwechselbar ("1"), gestalten bewusst und unterbewusst ("2") ihre Widerfahrnisse von "leben" mit Hilfe von Leib, Seele und Geist ("3"). In allem weisen sie auf ein "4." hin, von, mit und aus dem sie leben und Wissen um ihre Freiheit und Geborgenheit gewinnen können: den Sinn ihrer Existenz.