Apperzeption

Zitat aus Siebel/Winkler, Noosomatik Bd. V-2, S. 135 f

5.10.4. Apperzeption (Auffassung)

Mit Apperzeption bezeichnen wir die Fähigkeit, Wahrnehmungen in ihrem Sinnzusammenhang zu erfassen und zu verstehen, ihre Relationen zu erkennen und die beschreibbaren Inhalte als Erfahrung anzuerkennen. Das unterbewusste System kann die Apperzeption im Sinne des individuellen Lebensstils verfälschen (tendenziöse oder auchtendenzielle Apperzeption). Je nach Stärke der Verfälschung und je nach Fixierung immer wiederkehrender Verfälschungen ist der pathologische Charakter einzustufen. Bei diesen Verfälschungen sind nicht nur der körperliche Zustand zu berücksichtigen (Stress, Übermüdung, existentielle Ausnahmesituationen), sondern auch absichtsvolle Tendenzen (Gewalt, Simulation, Provokation). Bei Kenntnis des Lebensstils können die Dimensionen der Verfälschungen in das individuelle Deutungssystem eingeordnet werden.

5.10.6. Pathologie der Apperzeption (a.a.O. S. 150)

Die Apperzeption kann blockiert sein (z. B. bei hirnorganischen Syndromen mit Bewusstseinsstörungen, Oligophrenie, Demenz; auch bei Schizophrenie kann es zu Blockaden kommen, die dann meist Sperrungen genannt werden) oder falsch sein (wahnhafte oder psychotische Fehlinterpretation). Sie kann verlangsamt sein (bei Furcht, Angst oder depressiver Aktionsweise) oder flüchtig (z. B. bei Sorgephänomenen, manischer Aktionsweise, Intoxikationen, z. B. in rauschhaften Zuständen oder im Delir), desorganisiert springend (z. B. in der Manie) und wechselhaft (bei wellenförmigen Stimmungsschwankungen, Lust/Unlust-Schaltungen, Änderungen der Motivationspotentiale, was sich auf Selbstvorstellung und Handlungsbereitschaft auswirkt) oder eingeengt (Fixierungen bei Wahn und Halluzinationen bzw. bei Dämmerzuständen).